Ich möchte hier einen alternativen Beweis für die Existenz von Jordanbasen für nilpotente Endomorphismen angeben.
Den ursprünglichen Satz und Beweis habe ich aus „Lineare Algebra“ von Theo de Jong.
Er benutzt dort eine äusserst knappe Formulierung, die ich hier ausführlicher machen möchte.
Notation und Definitionen
Diese sind identisch zu den Definitionen im Post über den Spaltungssatz.
Im weiteren Verlauf sei V ein endlich-dimensionaler Vektorraum über einem beliebigen Körper K und φ:V→V eine lineare Abbildung.
Mit Mφ∈K[x] wird das normierte Polynom minimalen Grades bezeichnet, welches Mφ(φ)=0 erfüllt. Hier ist mit 0 die Nullabbildung gemeint. Es heisst „Minimalpolynom von φ“.
Weil V endlich-dimensional ist, existiert dieses Polynom. (Beweis weggelassen)
Definition: Normierte Polynome
Ein Polynom ∑k=1nakxk∈K[x] vom Grad n heisst normiert, falls an=1.
In anderen Worten: der Koeffizient mit höchstem Grad hat den Wert 1.
Jordanbasen für nilpotente Endomorphismen
Sei Mφ=xk für ein k∈N. In diesem Fall sagt man, φ sei nilpotent.
Dann gibt es eine Jordanbasis von V für φ.
Das heisst, eine Basis b1,…,bn von V mit φ(bi)=bi+1 oder φ(bi)=0 für alle i∈{1,…,n}.
Beweis
Für k=0 gilt: 0=Mφ(φ)=φ0=idV. Also ist dim(V)=0 und die leere Basis ist eine Jordanbasis.
Für k≥1.
Es gibt {a1,…,as}⊆V, so dass für jede Basis B von ker(φk−1), die Menge {a1,…,as}∪B eine Basis von V ist.
(Nimm eine beliebige Basis von ker(φk−1) und ergänze.)
Behauptung: Diese a1,…,as sind Teil einer Jordanbasis für φ. Beweis durch Induktion nach k.
Verankerung für k=1:
Es gilt: 0=Mφ(φ)=φ1=φ und φk−1=φ0=idV, also ist ker(φk−1)={0}.
Und die a1,…,as sind bereits eine (Jordan-)Basis von V.
Induktionsschritt k−1⇝k:
Induktionsannahme: Sei W ein beliebiger Vektorraum mit dim(W)<∞ und ψ:W→W linear mit Mψ=xk−1. Sei t∈N und b1,…,bt∈W eine Liste von Vektoren, die jede Basis von ker(ψk−1) zu einer Basis von W ergänzen.
Dann sind diese b1,…,bt Teil einer Jordanbasis von W für ψ.
Behauptung: span{φ(a1),…,φ(as)}∩ker(φk−2)={0}
Sei ∑αiφ(ai)∈ker(φk−2) für gewisse αi∈K.
Dann ist 0=φk−2(∑αiφ(ai))=φk−1(∑αiai).
Also ist ∑αiai∈ker(φk−1)∩span{a1,…,as}.
Aber die Menge rechts ist nach Konstruktion der a1,…,as genau {0}.
Also ist ∑αiai=0 und weil die a1,…,as linear unabhängig sind, müssen alle αi=0 sein.
Behauptung: Die φ(a1),…,φ(as) sind linear unabhängig.
Sei 0=∑αiφ(ai)=φ(∑αiai).
Also ist ∑αiai∈kerφ∩span{a1,…,as}⊆kerφk−1∩span{a1,…,as}={0}.
Und deshalb ∑αiai=0. Wieder weil die a1,…,as linear unabhängig sind, sind die αi=0.
Behauptung: Es gibt as+1,…,ar∈ker(φk−1) so dass φ(a1),…,φ(as),as+1,…,ar mit jeder Basis von ker(φk−2) eine Basis von ker(φk−1) ergeben.
Nimm dazu eine beliebige Basis B von ker(φk−2) und ergänze B∪{φ(a1),…,φ(as)} zu einer Basis von ker(φk−1).
Wende nun die Induktionsannahme an, mit W:=ker(φk−1), ψ:=φ∣W, t:=r und b1:=φ(a1),…,bs:=φ(as),bs+1:=as+1,…,br:=ar.
Das heisst, es gibt B⊆ker(φk−1) so dass {φ(a1),…,φ(as),as+1,…,ar}∪B in geeigneter Reihenfolge eine Jordanbasis von ker(φk−1) für φ∣ker(φk−1) ist.
Letzte Behauptung: Die Menge {a1,φ(a1),…,as,φ(as),as+1,…,ar}∪B ist (in geeigneter Reihenfolge) eine Jordanbasis von V für φ.
Diese Menge ist sicher eine Basis. Nach vorheriger Aussage ist die Bedingung eine Jordanbasis zu sein, für alle Vektoren ausser die a1,…,as erfüllt. Aber jeden dieser Vektoren können wir in der Reihenfolge vor das entsprechende φ(ai) stellen und erfüllen so die Bedingung.
Also sind tatsächlich die Vektoren a1,…,as Teil einer Jordanbasis für φ, wie am Anfang behauptet.
Quellennachweis
- Jong, Theo de. Lineare Algebra. 1st ed. München: Pearson, Higher Education, 2013. Print. ISBN 978-3-86894-113-5 (print).